Botschaften aus Nimmerland
Jorge Teillier: Gedichte 1956 bis 1996
Herausgegeben, eingeleitet und aus dem chilenischen Spanisch übersetzt von Reiner Kornberger
Ausgabe in Deutsch und Spanisch
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Leseprobe
Ninguna poesía ha calmado el hambre
o remediado una injusticia social,
pero su belleza puede ayudar
a sobrevivir sobre todas las miserias.
Keine Dichtung hat den Hunger besänftigt
oder eine soziale Ungerechtigkeit behoben,
aber ihre Schönheit kann helfen,
alles Elend zu überwinden.
Jorge Teillier
Jorge Teillier (1935-1996) zählt neben Neruda, de Rokha, Huidobro, Rojas und Parra zu den bedeutendsten chilenischen Lyrikern des 20. Jahrhunderts. In einem Dutzend Gedichtsammlungen verstand er es, einen ganz eigenen Stil zu entwickeln, den er in Anlehnung an Rilke „Larenpoesie“ nannte. Es ist eine Poesie der Verwurzelung, der Rückbesinnung auf die Kindheit, auf das verlorene Paradies, auf den Mythos, eine Reise in das Nimmerland. Der nostalgische Grundton vieler Gedichte verbirgt nicht das Drama des modernen Menschen, sein Ringen um Identität und seinen Versuch, sich den vielfältigen Möglichkeiten der Manipulation durch die moderne Technik zu entziehen. Teillier selbst zerbrach an diesem Konflikt und dem Einbruch der Gewalt durch den Militärputsch von 1973.
Die Anthologie des Bremer Hispanisten und Übersetzers Reiner Kornberger stellt das Werk Jorge Teilliers zum ersten Mal in deutscher Sprache vor. Die Publikation dieser Anthologie wurde ermöglicht durch das Förderprogramm für die Übersetzung chilenischer Werke im Ausland der Kulturabteilung des Außenministerium der Republik Chile (DIRAC) und mit Unterstützung der Teillier Stiftung.
Sollte irgendwann
meine Stimme nicht mehr zu hören sein,
dann denkt, dass der Wald für mich spricht
mit seinem Wurzelidiom.
(Cosmogonía, 1922-1927)